Bei der Fahrt durch das Leben nicht vergessen: das Abspannen 

Unsere österreichischen Freunde sprechen nicht vom Entspannen, sondern vom Abspannen. Sie nehmen damit das Bild der Fahrt mit einer Pferdekutsche auf und erinnern daran, dass die Pferde nicht nur eingespannt, sondern immer wieder auch ausgespannt werden sollten. Das gilt auch für unsere Fahrt durch das Leben. Zum Abspannen gehört für mich der Schlaf, der wichtige unbewusste Teil, aber auch die bewusste Stille Zeit am Morgen. Erst dann lasse ich mich wieder einspannen. 

(Lesezeit: 12 Minuten)

Nach einem kräftigenden Müesli und zwei Tassen Kaffee findet bei mir die Phase des Abspannens ihren Abschluss mit der Stillen Zeit. Zu dieser Zeit gehören auch meine physiotherapeutischen Übungen als Training für die operierte Hüfte und zur Förderung des Gleichgewichtes. Diese Übungen sind bei mir jeweils kombiniert mit Atem- und Trainingsübungen für meine Stimme. Schliesslich ist mein Körper ein Tempel Gottes, der seine Pflege braucht. Da diese Phase automatisch abläuft, kann ich schon in dieser Zeit offen sein für das Reden Gottes. Anschliessend folgt jeweils die biblische Lektüre, abgeschlossen mit stillem Gebet im Hören und Reden mit dem dreieinen Gott. Keine Angst: Der Zeitaufwand für dieses ganze Programm hält sich mit einer guten Viertel- bis zu einer halben Stunde in Grenzen. Nachher bin ich bereit, mich für die Reise in den Tag einspannen zu lassen.

In den letzten Jahren dienten mir ganz unterschiedliche Andachtsbücher als Anleitung. Fünf davon möchte ich im Folgenden kurz vorstellen, die letzten zwei sind ganz neu – und deshalb auch für mich noch ein Versprechen für die Zukunft. 

In der Altstadt von Salzburg: Eingespannt für den nächsten Einsatz (Bild: Hanspeter Schmutz)

Das Barth-Brevier – eine theologische Weiterbildung für Unerschrockene

Ein Brevier, von lateinisch brevis: kurz, ist ursprünglich eine Anleitung zum Stundengebet. Bei mir war es eine Anleitung zur Stillen Zeit durch ein ganzes Jahr. «Es will den Leser zur Betrachtung, zum Bedenken und Mitdenken veranlassen, es will ihn hineinziehen in grössere Denkzusammenhänge, und dies über den einzelnen Tagestext hinaus.» So führt Richard Grunow in dieses wertvolle Buch ein. Er will mit seiner Auswahl der Texte einen Einblick ins Gesamtwerk von Karl Barth geben. Das Jahr beginnt mit der Besinnung über die Schöpfung, gefolgt vom Weg und der Verkündigung von Jesus bis zur Himmelfahrt. «Die lobende, singende, dienende und betende Gemeinde hat im Zusammenhang der wichtigsten nachösterlichen Sonntage ihren Platz», an Pfingsten wird der Heilige Geist zum Thema. 

Der Herausgeber will mit seiner Textauswahl auch einen neuen Zugang zur Ethik von Karl Barth schaffen, einer Ethik, «die durch den Himalaja der Kirchlichen Dogmatik für die meisten unersteigbar und daher unzugänglich erscheint». Er nutzt dazu u.a. die (deutschen) säkularen Gedenktage. Dieser Querschnitt durch das Werk von Barth wird thematisch jeweils sinnvoll geordnet und an geeigneter Stelle im Jahr zusammenhängend aufgeführt. Die kurzen täglichen Portionen erlauben es, die Stimme des grossen Schweizer Theologen auch für das persönliche Leben hörbar zu machen. Keine einfache, aber eine nährende Kost.

Grunow Richard (Hrsg.). «Barth Brevier.» 1966, Zürich, EVZ-Verlag. Gebunden, 607 Seiten, antiquarisch erhältlich (oder in neueren Auflagen).

 

Ein Jahr mit C.S. Lewis

Wer den irischen Literaturprofessor und sein Werk kennt, dem muss dieses Andachtsbuch nicht besonders empfohlen werden. Für alle anderen bietet dieses sorgfältig zusammengestellte Buch eine wunderbare Einführung in das breite Werk des ehemaligen Atheisten, der im Gespräch mit seinem Kollegen John Ronald Reuel Tolkien zum christlichen Glauben gefunden hat. Seine originelle Fähigkeit, tiefgründige Philosophie und Theologie mit Märchen (auch) für Kinder zu verbinden, sein Humor und sein flüssiger Stil machen das Lesen der Texte zum täglichen Vergnügen, gefolgt vom Nachdenken über das, was man gerade eben vergnügt gelesen hat. Im Unterschied zu anderen Andachtsbüchern enthalten die Texte viele theologische Zusammenhänge, gehen aber nicht direkt von einem Bibelvers aus. Sie sind dafür immer wieder mit dem Lebenslauf des Autors verbunden. Kurz und gut: «Ein Andachtsbuch für Herz und Verstand.» Und als Warnung: Es könnte sein, dass Sie Ihre Bibliothek aufgrund der zitierten Abschnitte aus ganz unterschiedlichen Werken von C.S. Lewis um einige noch fehlende Bücher ergänzen werden.

Für alle, denen der tägliche Bibelvers fehlt, sei als Ergänzung das Lesen der jeweiligen Herrnhuter Tageslosungen empfohlen.

C.S. Lewis. «Ein Jahr mit C.S. Lewis. Tägliche Inspirationen aus seinen Werken.» 2020, Asslar, Gerth Medien. Gebunden, 352 Seiten, ISBN 978-3-95734-685-8, CHF 20.90.

 

Jüdisch-messianisches Denken verstehen

Der messianische Jude Jonathan Cahn führt mit seinem Andachtsbuch in 365 Glaubensgeheimnisse ein, indem er jeden Tag einen hebräischen Begriff oder eine jüdische Tradition näher erläutert. Das Buch ist jeweils nicht mit einzelnen Tagen verknüpft, es enthält einfach 365 Portionen. So muss man nichts nachholen, wenn man einmal keine Zeit für die tägliche Andacht gefunden hat.  

Der Unterricht erfolgt im Stil eines Lehrers, der seinen unwissenden Schüler in diese Geheimnisse einführt. Der Autor tritt manchmal zu sehr als Oberlehrer auf, die Dialoge mit dem Schüler sind oft banal und die Anwendungsvorschläge etwas zu kurz gedacht. Wer darüber hinwegsieht, wird aber in aufschlussreiche Zusammenhänge zwischen dem Alten und dem Neuen Testament eingeführt. Und er lehrt hebräische Begriffe und Traditionen so kennen, dass sie ins heutige Leben hineinsprechen. Die Ausführungen sind jeweils am Schluss verbunden mit biblischen Belegen.

Der Autor erläutert zum Beispiel den Begriff «Yom Kippur», den Versöhnungstag und damit den heiligsten Tag im Judentum und Mittelpunkt im biblischen Kalender. Er weist darauf hin, dass das jüdische Volk zweitausend Jahre lang den Yom Kippur ohne Kippur, also ohne das Opfer, den Versöhnungstag ohne die Versöhnung eingehalten hat. «Worin besteht die Versöhnung des Yom Kippur? In einem Opfer. Hier fehlt also das Opfer. Vor zweitausend Jahren kam der Messias als Kippur, als Opfer. Er brachte mit der Versöhnung den Mittelpunkt des jüdischen Glaubens. Direkt nachdem Er gekommen war, wurde der Tempel in Jerusalem zerstört, so dass keine weiteren Opfer dargeboten werden konnten. Seitdem ist der Yom Kippur ohne Kippur. 

Cahn verweist in einem weiteren Schritt auf das jüdische Gebetsbuch «makhzor», das in den Synagogen der ganzen Welt speziell für den Yom Kippur benutzt wird. Dort steht: «Unser gerechter Messias ist von uns gegangen, und wir haben niemanden, der uns gerecht macht. ... Er trägt unsere Sünde auf Seinen Schultern, sodass wir für unsere Missetaten Vergebung erlangen können.» Das Opfer fehlt also auch im Yom-Kippur-Gebetsbuch. Ein Paradox, dass sich mit dem Hinweis auf Jesus löst. Cahn schliesst mit dem Gedanken, dass auch unser Leben zu einem Yom Kippur ohne Kippur wird, wenn wir die Gegenwart Gottes in unserem Leben nicht erkennen.

Jonathan Cahn. «Der Lehrer und sein Schüler. 365 Glaubensgeheimnisse. 2017, Bad Nauheim, mediaworldwidewings. Paperback, 385 Seiten, ISBN 978-3-9818381-1-4, CHF 32.90.  

 

Ein Adventskalender für Erwachsene

Dieser sorgfältig gestaltete Bildband enthält 24 Bibeltexte zur Adventszeit und 24 passende Kunstwerke aus aller Welt. Kurze Hintergrundinformationen schildern die Entstehung der Kunstwerke und geben Anregungen für die Bild- und Textinterpretation.

Christian Weber, Studienleiter von Mission 21, schreibt dazu im Vorwort: «Bisher ist in der westlichen Welt nur wenig bekannt, dass die Bibel in der Kunst ausserhalb Europas längst eine grosse Rolle spielt. Doch mit einiger Geduld ... lassen sich in Büchern, Zeitschriften und Kalendern, in Kirchen, Museen und Archiven, auf Basaren und an Hauswänden ungeahnte Schätze finden. Was mir dort begegnet ist, hat mich überrascht und meinen Horizont geöffnet.»

Ich freue mich darauf, diese Entdeckungen in der kommenden Adventszeit selber machen zu können.

Christian Weber. «Advent – 24 Kunstwerke zur Bibel aus aller Welt.» 2025, Basel, Friedrich Reinhardt Verlag. Gebunden, 128 Seiten, ISBN 978-3-7245-2820-3, CHF 24.80.

 

Segensduschen für ein ganzes Jahr

Da ich in mir eine Schwäche für das Segnen und den Segen entdeckt habe1, kommt dieses Buch mit 365 Andachten für das kommende Jahr für mich genau richtig. Im Vorwort wird beschrieben, wie unzählige Tropfen auf die trockene Erde des Glaubens prasseln und ihren Weg in die Tiefe finden, um den Mut und die Hoffnung und das Vertrauen in eine gute Zukunft zum Leben zu erwecken. Wer sollte sich gegen einen solchen Segen wenden?

Die meisten Tagesimpulse beginnen mit einem Bibelvers, gefolgt von dadurch angeregten kürzeren oder längeren Gedanken. Beim Vers aus 1. Johannes 4,8 «Wer aber nicht liebt, kennt Gott nicht – denn Gott ist die Liebe» geht die Autorin zum Beispiel auf Gary Chapman und seine «Fünf Sprachen der Liebe» ein. Jeder Mensch drückt seine Zuneigung zum Nächsten unterschiedlich aus. Wenn jemand die Liebessprache seines Gegenübers kennt, wird er diese Sprache in seinem Verhalten besser erkennen und sich danach leichter wertgeschätzt und geliebt fühlen. Liebe sei dabei die tägliche Entscheidung, einer anderen Person etwas Gutes zu tun, um zu zeigen, dass wir sie lieben. Dabei helfe uns Gott als Experte, denn er beherrsche jede Sprache der Liebe.

An manchen Tagen gibt die Autorin auch Gelegenheit, Fragen zum Bibelvers zu beantworten oder sich Gefühle und Gedanken dazu zu notieren. Die Autorin beschreibt ihre eigene Erfahrung so: «Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich gar nicht merke, wie Gott mich beschenkt. Vor allem dann nicht, wenn ich meinen Blick nur auf die Probleme richte. Dann sehe ich nur noch schwarz und nicht mehr all die bunten Farben, die auch in stürmischen Zeiten weiterhin zum Leben gehören. Da hilft es mir, wenn ich mich daran erinnere, dass ich selbst entscheide, worauf ich mich fokussiere.»

Vielleicht ist es ja typisch, dass das Buch von einer Frau geschrieben worden ist. Mit der kürzlichen Entdeckung der dritten Person der göttlichen Dreieinheit als Tochter Gottes2 sind meine Erwartungen an die weibliche Seite der Schöpfung gestiegen. Nelli Bangert hat schon ein paar ermutigende Bücher geschrieben und ist Sprecherin auf Frauen-Events. Ob ihr auch Männer zumindest beim Lesen dieses Buches gewinnbringend zuhören dürfen, wird sich zeigen. Wenn nicht: Meine Frau hat sich bereits für das Buch interessiert ...

Nelli Bangert. «Segensregen. 365 ermutigende Andachten.» 2025, Wetzlar, Gerth Medien. Gebunden, 400 Seiten, ISBN 978-3-98695-133-7, CHF 31.90

 

1 https://www.insist-consulting.ch/forum-integriertes-christsein/25-9-1-die-macht-des-segens.html

2 https://www.insist-consulting.ch/forum-integriertes-christsein/25-7-1-pfingsten-gibt-es-auch-im-sommer-ein-etwas-anderer-blick-auf-den-heiligen-geist.html

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