Ihre Auftritte und ihre Botschaften könnten gegensätzlicher kaum sein. Und doch eint sie etwas: Sie stehen im Fokus der Weltöffentlichkeit. Und wir – wir schauen hin. Aber was sehen wir wirklich?
Stärke durch Schwachheit
Papst Franziskus, mit 88 Jahren sichtbar gezeichnet von Alter, Krankheit und Schwäche, trat in seinen letzten Lebenswochen dennoch vor die Menschen. Mit brüchiger Stimme, auf den Rollstuhl gestützt, sprach er den Segen. Die Kraft seiner Gestalt lag nicht im Körperlichen, sondern in der Ausstrahlung seiner Haltung: Demut, Friedenswille, Nähe zu den Leidenden. Verletzlich, ja – aber gleichzeitig stark trotz aller Schwäche. Gerade durch das öffentliche Annehmen seiner Zerbrechlichkeit wurde er vielen zum Spiegel einer anderen Macht: einer Macht, die dient statt dominiert.
Stärke durch Gewalt
Ein anderes Bild: Wladimir Putin, 72 Jahre alt, posiert mit nacktem Oberkörper auf einem Pferd, inszeniert sich beim Eisbaden oder tritt bei martialischen Inszenierungen militärischer Stärke auf. Der Kontrast ist scharf. Die Botschaft ist klar: Ich bin unbesiegbar. Ich bin Herr meiner Welt. Gleichzeitig führt dieser Mann einen Krieg, der Elend bringt, Städte zerstört, Familien zerreisst. Die Inszenierung physischer Kraft wirkt grotesk angesichts der Zerstörungskraft der damit verbundenen politischen Gewalt.
Stärke durch Wut
Und dann ist da noch Donald Trump, 78 Jahre alt, inzwischen verurteilter Straftäter. Als Präsident der USA wirkt er weiterhin laut, selbstbewusst, sich selbst ins Zentrum rückend. «Die Welt steht Schlange, um mir den A... zu küssen», sagte er jüngst. Die Grobheit, mit der er auftritt, ist längst kein Skandal mehr, sondern Alltag geworden. Und es gibt Menschen, die ihm folgen. Weil er ein Gefühl von Stärke vermittelt – oder weil er mit seinem Auftritt jene Wut kanalisiert, die viele empfinden. Aber was ist das für eine Stärke, die sich auf Demütigung und Spott gründet?
Stärke durch Dienen
Die Bibel zeichnet eine andere Art von Stärke. In Sprüche 3,27 heisst es: «Wenn jemand deine Unterstützung braucht und du ihm helfen kannst, dann weigere dich nicht.» Und im Markusevangelium 10,45 steht über Jesus: «Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.» Diese Aussagen lassen eine tiefe Wahrheit aufscheinen: Wahre Macht zeigt sich nicht in Muskelkraft, nicht im Lautsein, nicht in Dominanz. Wahre Macht zeigt sich in der Fähigkeit zu dienen, zu helfen, zu lieben – auch wenn man selbst verwundbar ist.
Welche Stärke prägt mich?
Die Frage ist also nicht nur, welchen Bildern wir ausgesetzt sind – sondern welchen Bildern wir Raum in unserem Innern geben. Prägt mich das Bild des starken Mannes, der sich über alles erhebt? Oder lasse ich mich vom Bild des Gekreuzigten und Auferstandenen prägen, der uns Menschen mit offenen Armen liebend in seine Gemeinschaft einlädt?
In einer Welt, in der Bilder Macht besitzen, liegt es an uns, ob wir ihnen blind folgen – oder ob wir sie hinterfragen. Wer sich von echter Mitmenschlichkeit und Verantwortung prägen lässt, wirkt vielleicht leise. Aber genau in dieser Stille wächst Hoffnung. Und echte Veränderung.
Es sind nicht die Lauten, die zuletzt das Licht bringen. Es sind die, die trotz Schwäche weiter lieben. Menschen, die dienen, wenn es schwerfällt. Menschen, die nicht fragen: «Was nützt mir das?» Sondern: «Wie kann ich helfen?»
Das ist die Macht, die diese Welt wirklich braucht. Sie begegnet mir bei Jesus, dem Sohn Gottes. Sie kommt an Pfingsten mit dem Wirken des heiligen Geistes, der auch in unseren Köpfen, Herzen, Bildern und in unserer Gesellschaft Raum einnehmen will.
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