Bekämpfe den Narzissten in dir: Stärke deinen Selbstwert 

Die Welt reibt sich die Augen: Da sitzt im Weissen Haus ein amerikanischer Präsident, der nicht nur blufft, sondern seine Wahlversprechen und -drohungen mittels präsidialen Dekreten umsetzt. Man wirft ihm vor, ein Narzisst zu sein. Zu Recht?

(Lesezeit: 6 Minuten)

Nicht nur in Bezug auf Donald Trump, sondern auch in Gesprächen mit Frauen, welche unter ihren Männern leiden oder gelitten haben, höre ich immer wieder, dass ihr Mann ein Narzisst sei. 

Ist das Zertrampeln der Demokratie durch US-Präsident Trump ein Zeichen von Narzissmus (1)? (Bild: Stefan Keller auf Pixabay)

Was ist Narzissmus?

Ich finde drei Aspekte bei dieser raschen Einordnung schwierig:

1) Solche Diagnosen werden von Laien gestellt. Damit eine Diagnose ordentlich gestellt werden kann, braucht es aber nicht nur eine solide Ausbildung, sondern auch die sorgfältige Befragung und Beobachtung einer zu beurteilenden Person. Eine nach einer persönlichen Enttäuschung gefällte «Diagnose» wird diesen Ansprüchen kaum genügen.

2) Anstatt Urteile über andere zu fällen, wäre es in den meisten Situationen hilfreicher, entweder angemessen für sich und seine Bedürfnisse einzustehen oder zu schauen, ob es eigene Anteile gibt, die zu zwischenmenschlichen Konflikten führen. Da gibt schon Jesus wertvolle Hinweise mit dem Bild des Balkens im eigenen und dem Splitter im fremden Auge2.

3) Narzissmus ist wie die Schizophrenie ein psychiatrischer Begriff, der von Laien meist falsch verwendet wird. Schizophrenie hat mit einer gespaltenen Persönlichkeit nichts zu tun und Narzissmus ist nicht ein anderer Name für eine Person mit hohem Selbstwert. Narzissmus ist eine Persönlichkeitsstörung. Sie charakterisiert Menschen, die einen höchst instabilen Selbstwert haben, häufig aufgrund von unglücklicher Beziehungs- und Selbstwertregulation schon im Kindesalter. Sie sind deshalb darauf angewiesen, dass ihr übermässiges Bedürfnis nach besonderer Bedeutung ständig durch Rückmeldungen von und durch Interaktionen mit anderen bestätigt wird. Im Grunde haben Narzissten also einen bemitleidenswert schlechten Selbstwert.

 

Selbst- und Fremdwert

Ich benutze an dieser Stelle eine nicht gebräuchliche Unterscheidung: den Selbstwert im Gegensatz zum Fremdwert. Diese Konzepte werden häufig verwechselt.

Eine einfache Arbeiterin, welche getreu ihre Pflichten erledigt, ohne Aufmerksamkeit von der breiten Masse zu erhalten, braucht ein ordentliches Mass an Selbstwert, um die Motivation für ihre Tätigkeit nicht zu verlieren. Im Idealfall trainiert sie durch diese Tätigkeit ihren Selbstwert wie einen Muskel.

Ein angesehener Geschäftsleiter einer grossen Firma braucht nicht viel Selbstwert, er wird ja mit Fremdwert ständig überhäuft. Gefährlich kann es dann werden, wenn der Fremdwert plötzlich wegfällt.

Eine in unserer Zeit beliebte Regulation des Fremdwertes besteht darin, Erfolge und beneidenswerte Lebensumstände in sozialen Medien zu präsentieren. Es gibt kaum einen anderen Grund, Bilder von perfekten Momenten und Ferien zu posten, als um die Bedeutung des eigenen Seins, Habens oder Erlebens zu erhöhen. Eigentlich ein ziemlich narzisstisches Muster.

 

Hilfreiche Gegenmassnahmen

1) Poste zu jedem Bild, das dich in beneidenswertem Zustand zeigt, mindestens ein anderes, das die zuweilen harte und unschöne Realität des Lebens zeigt.

2) Immer wenn du das Bedürfnis hast, dich in den sozialen Medien zu präsentieren, überlege, was dir eigentlich wichtig daran ist. Falls dein Inhalt diese selbstkritische Prüfung übersteht, poste ihn, aber vergiss nicht, dankbar zu sein für diesen Moment.

3) Wenn du Inhalte von anderen siehst, welche dich neidisch machen: Denke daran, dass diese nur einen sehr genau ausgewählten Ausschnitt des Erlebens zeigen.

Die Reduktion von Fremdwert gibt nun Platz, um den Selbstwert zu stärken. Folgende Vorschläge helfen dabei:

1) Nimm Komplimente an, anstatt sie zu relativieren. Danke aufrichtig dafür und sage, wenn du das kannst, dass du auch Freude daran hast.

2) Schreibe dir pro Tag drei Dinge auf, die dir gut gelungen sind. Je kleiner die Erfolge, um so besser. So schärfst du deine Sinne für das vermeintlich Selbstverständliche und übst ausserdem Dankbarkeit ein.

3) Führe bewusste Belohnungen allein nur für dich ein. Das muss nicht immer mit Konsum zu tun haben. Es kann zum Beispiel auch heissen, sich Zeit zu nehmen für ein warmes Bad. Das stärkt die Achtsamkeit. Unterstützt mit laut ausgesprochen positiven Zusagen, sogenannten Affirmationen, welche dich ansprechen, ist dies ein super Wellness-Programm für die Seele.

Ein stabiler, guter Selbstwert ist diejenige Eigenschaft des Menschen, die ihm bezogen auf verschiedenste Aufgaben am meisten Vorteile bringt. Es lohnt sich also, sich für einen guten Selbstwert einzusetzen und ganz nebenbei auch noch den Narzissten in sich zu bekämpfen.

 

Was heisst das für den US-Präsidenten?

Und was heisst das nun in Bezug auf Donald Trump? Ich muss zugeben, dass die Verlockung gross ist, ihm aus der Ferne eine Persönlichkeitsstörung zu attestieren. Gerade in Bezug auf die jüngste Zollpolitik tritt allerdings auch ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Machtausübung zu Tage. Vielleicht beschreibt das ausgeprägte Bedürfnis nach Macht seine Persönlichkeit noch zutreffender.

Es wäre weise, nur Menschen in derart verantwortungsvolle Posten zu wählen, die ihre Macht für eine gute Umsetzung ihrer Aufgabe anwenden und nicht zur Regulation ihres Selbstwertes. Aber auch wir einfachen Bürger tun gut daran, die Regulation unseres Selbstwertes achtsam und behutsam einzusetzen.

 

1 siehe: https://insist.preview.jumpbox.ch/forum-integriertes-christsein/25-4-1-wie-donald-trump-die-demokratie-zertrampelt.html

2 Lukas 6,41-42

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