Praxis: Christliche Kontemplation als Ausdruck der Liebe 

Im Rahmen einer Zusammenfassung beschreibt Ruth Maria Michel die christliche Kommunikation als Ausdruck der Liebe zu Gott. Sie stützt sich dabei unter anderem auf das Lied von Gerhard Teerstegen «Ich bete an die Macht der Liebe».

(Lesezeit: 4 Minuten)

Christliche Kontemplation will helfen, dass mein Herz immer tiefer glauben kann, was mein Kopf weiss:

«Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist1

«Gott ist Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm2.» 

(Bild von Zhivko Dimitrov auf Pixabay)

Gott gegenwärtig sein lassen

Die Stille lädt mich ein, alles aus meinem Leben mit Gott in Verbindung zu bringen. Jesus Christus trägt den Namen «Immanuel»: «Gott mit mir3.» Tiefstes Ziel christlicher Kontemplation ist nicht «nur» Achtsamkeit und innere Leere, sondern die Begegnung mit Gott, der mir in Jesus Christus nahe kommt. Ja, Jesus Christus sagt: «Ich in euch und ihr in mir4.» Ich muss Gott nicht «herbei beten». Er hat ja in Jesus Christus – durch Bekehrung, Wiedergeburt und Taufe – bereits Wohnung in mir genommen und dessen werde ich mir bewusst.

Der Arbeiterpriester Michel Quoist umschreibt Kontemplation betend: Dasein vor Dir, Herr, das ist alles. Die Augen meines Leibes schliessen und still sein. Die Augen meiner Seele schliessen und warten. Dir gegenwärtig sein, dem unendlich Gegenwärtigen. Mich Dir aussetzen, der Du Dich mir ausgesetzt hast.

Kontemplation ist ein wortarmes – mitunter wortloses – Dasein vor, bei, mit und in Gott, ohne etwas zu tun, also ohne bitten, loben, danken, meditieren ... . «Nur» Gott gegenwärtig sein.

 

Die Macht der Liebe

Kaum ein Christ hat das Geheimnis dieser Erfahrung treffender und inniger ausgedrückt als Gerhard Tersteegen (1697 bis 1769). Er sagt es so: Seine Lieder «wollen dem kleinherzigen Christentum, dem die Furcht, in der Hingabe an Gott könne man etwas Wesentliches verlieren, manchmal wie ein krankmachendes Gift im Leibe sitzt, deutlich machen, welche Freude dem entgeht, der sich mit weniger als der Erfahrung der Gegenwart Gottes zufriedengeben möchte.» Die Liebe ist ganz und gar in Gott begründet und offenbart sich in Jesus Christus. Staunend steht Tersteegen vor dieser Liebe und bewundert ihre Eigenschaften: Gottes Zuneigung ist «zart» und «sanft». Sie ist also frei von allem Gewaltsamen. Sie ist frei und gewährt Freiheit.

Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart; ich geb mich hin dem freien Triebe, wodurch auch ich geliebet ward; ich will, anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.

  • Kontemplation: mich hingeben Gottes «freiem Trieb», den Menschen, auch mich, zu lieben.
  • Kontemplation: mich ins Meer der Liebe versenken.

Wie bist du mir so zart gewogen, und wie verlangt dein Herz nach mir! Durch Liebe sanft und tief gezogen, neigt sich mein Alles auch zu dir. Du traute Liebe, gutes Wesen, du hast mich und ich dich erlesen.

  • Kontemplation: mich von Gottes Liebe sanft und tief ziehen lassen.
  • Kontemplation: mein Alles Gott zu-neigen.
  • Kontemplation: Gott «erlesen».

Ich fühl’s, du bist’s, dich muss ich haben; ich fühl’s, ich muss für dich nur sein; nicht im Geschöpf, nicht in den Gaben, mein Plätzchen ist in dir allein. Hier ist die Ruh, hier ist Vergnügen, drum folg ich deinen sel’gen Zügen.

  • Kontemplation: für diese bestimmte Zeit nur für Gott Sein.
  • Kontemplation: bei Gott «meinen Platz» finden und damit Ruhe.

O Jesus, dass dein Name bliebe im Grunde tief gedrücket ein; möchte deine süsse Jesusliebe in Herz und Sinn gepräget sein. Im Wort, im Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen.

  • Kontemplation: Jesus erlauben, sich selber in mein Innerstes einzuprägen.

 

1 Römer 5,5

2 1. Johannes 4,16

3 Matthäus 1,23

4 Johannes 17,23

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