Regionalentwicklung: Die Schnittstelle zwischen den Gemeinden und dem Kanton 

Regionalentwicklung geschieht initiierend und koordinierend an der strategischen Schnittstelle zwischen den Gemeinden und dem Kanton. In der Region Oberaargau geschieht dies durch verschiedene Gremien und Organisationen, welche durch die Geschäftsstelle der Region Oberaargau betreut und unterstützt werden. Eine Strategie, die den Wert gemeinsamer Lösungen zeigt.

(Lesezeit: 8 Minuten)

Geschäftsstelle Oberaargau (Bild: zVg)

Im Kanton Bern werden verschiedene kantonale Aufgaben von den Regionen übernommen. Zehn Verwaltungskreise mit je einem Regierungsstatthalteramt nehmen nebst anderen Aufgaben vor allem kantonale Kontrollfunktionen gegenüber den Gemeinden wahr.

Daneben ist der Kanton in 6 Regionen aufgeteilt, welche einerseits in einem Leistungsauftrag des Kantons initiierend und koordinierend regionale Entwicklungsplanung betreiben, andererseits gemäss den Vorgaben aus ihren Gemeinden eigenständig weitere regionale Vorhaben und Anliegen vorantreiben. Ursprünglich war kantonsseitig gedacht, dass dies durch 6 Regionalkonferenzen geschieht1.

Im Oberaargau wurde die Einführung einer solchen öffentlich-rechtlichen Institution aber vor 12 Jahren vom Stimmvolk abgelehnt. Insbesondere in den kleinen Gemeinden war damals die Befürchtung zu gross, dass diese damit weiteren politischen Einfluss verlieren würden. Aus diesem Grund wird auch heute noch die Regionalentwicklung im Oberaargau als Verein geführt. Damit besitzt diese zwar keine Verfügungskompetenzen, dafür können auch Firmen und Privatorganisationen als Mitglieder beitreten und gemäss den vorhandenen Regelungen aktiv mitwirken. Nebst anderen im Oberaargau regional tätigen Verbänden fokussiert sich die Region Oberaargau in der Regionalentwicklung auf ganz unterschiedlichen Ebenen2. Eine Geschäftsstelle führt dabei leitend die operativen Bereiche und Projekte3.

 

Regionale Schnittstellenfunktionen unterstützend und proaktiv wahrnehmen

Bis vor wenigen Jahren wurde die Entwicklung der Region Oberaargau von den Gemeinden eher passiv wahrgenommen. Dies hat sich mittlerweile geändert. Eine dynamisch und kompetent geführte neue Geschäftsleitung wirkt mit ihren Mitarbeitenden näher an den Gemeinden. Dazu wurden die Tätigkeitsfelder der Region organisatorisch geschärft und die Bereiche der Geschäftsstelle personell mit neuen hierfür bestens qualifizierten Fachleuten zusätzlich besetzt. Gut funktionierende Projektteams, eine flache Entscheidungsstruktur mit einfachen Verfahrenswegen und einer guten Kommunikation fördern die rasche Umsetzung von Vorhaben.

 

Die Gemeinden mit den regionalen Möglichkeiten dort unterstützen, wo sie «der Schuh» drückt

Zunehmend gibt es komplexe Herausforderungen in den Gemeinden, wobei gerade in kleineren Gemeinden intern das nötige Fachwissen oft fehlt. Hier konnte zusätzliche Fachunterstützung für die kommunale Entwicklungsplanung angeboten werden4.

Zudem können im Rahmen der neuen gesetzlichen Vorgaben verschiedene Gemeindevorhaben nicht mehr so einfach nur noch auf Gemeindeebene behandelt werden. Durch das mittlerweile erarbeitete Vertrauen in die regionalen Möglichkeiten und Angebote wenden sich die Gemeinden zunehmend rascher an die regionale Geschäftsstelle. Deren Fachleute haben die Möglichkeit, gemeindeübergreifend die zuständigen Personen aus den Gemeinden koordinierend zum gemeinsamen Austausch und zur Ausarbeitung von Projekten einzuladen. Zudem können ihnen in regional bedeutsamen Anliegen Gespräche auf kantonaler Ebene bis direkt auf Regierungsratsebene ermöglicht werden. So können sie unterstützend begleitet und ihren Anliegen aus regionaler Sicht dort mehr Gewicht verliehen werden. 

 

Beispiel: Regionale Unterstützung der Gemeinden auf kommunaler Ebene

Im letzten Jahr hat die Gemeindeversammlung einer Gemeinde mit 2/3 Mehrheit einen Planungskredit für CHF 500'000 für eine Testplanung zur Untersuchung des ganzen Dorfes bewilligt. Als Leiter Raumentwicklung in der Region Oberaargau konnte ich von Beginn weg im begleitenden Fachgremium mitwirken und die regionale Sicht einbringen. Zur Zeit werden die Resultate dieses einjährigen Bearbeitungsprozesses in der Gemeinde ausgestellt5.

In einem schweizweit seltenen Verfahren wurde das ganze Gemeindegebiet – welches zwei Dörfer mit dazwischen liegenden Weilern beinhaltet – mit drei parallel arbeitenden Teams mit unterschiedlichen Schwerpunkten interdisziplinär ausgetestet. Bereits jetzt wird ersichtlich, dass die Umsetzung der darin erarbeiteten vielfältigen Themenfelder und das Sichtbarmachen von Zusammenhängen zukünftig wohl einfacher möglich ist, da sowohl die Behörden als auch die Bevölkerung hierfür partizipativ sensibilisiert worden sind. Dazu werden die zukunftsweisenden Resultate aus dieser Gemeinde in das zur Zeit erarbeitete Agglomerationsprogramm «Gartenagglo» der Region Oberaargau positiv einfliessen.

Syntheseplan mit Darstellung der nun von der Gemeinde anzustrebenden raumplanerischen Massnahmen
pdf

Syntheseplan_Empfehlungen_240327-1.pdf

PDF / 3 MB

Beispiel: Regionale Unterstützung der Gemeinden auf kantonaler Ebene

Seit einiger Zeit beabsichtigt die SBB, einen neuen Baudienst-Abstellstützpunkt im Oberaargau mit Gleiserweiterungen an einem Bahnhof der Region zu errichten. Solche Stützpunkte werden vor allem nachts benutzt. Da gleich nebenan ein grosses Areal mit zahlreichen Wohnungen entstehen soll, teilte der dort aktive Investor der Gemeinde mit, dass er in einem solchen Fall infolge der nächtlichen Immissionen auf die Entwicklung seiner Pläne verzichten werde.

Die Gemeindebehörden versuchten, bei den SBB und den kantonalen Behörden zu intervenieren. Leider erfolglos. Daher wurde in der Folge regionsseitig ein Treffen mit dem vom Amt her zuständigen Regierungsrat initiiert. Dieser ordnete an, dass von beiden involvierten kantonalen Amtsleitungen in einem Treffen zwischen den SBB-Verantwortlichen, den Zuständigen der Region und der Gemeinde eine allseitig verträgliche Lösung zu suchen sei. Ein solcher Ausweg wurde dann auch gefunden, indem regionsseitig der Einbezug eines zusätzlichen Standorts in zwei benachbarten Gemeinden eingebracht wurde. Die SBB wurden aufgefordert, entsprechende Alternativen in diesen Gemeinden konkret zu studieren. Ansonsten wären wohl langwierige gerichtliche Verfahren mit den Gemeinden und der Region zu erwarten gewesen.

Titelblatt Entwurfsbericht der seitens SBB zu erarbeitenden Prüfaufträge (Bild: SBB)

Weiter schätzen es die Verwaltungsleitungen der 43 Gemeinden im Oberaargau zunehmend, in der Geschäftsstelle ihrer Region in der Raumentwicklung einen direkten Ansprechpartner zu haben. Wenn möglich versuche ich, nebst Telefonaten bei einfachen Anfragen die Zuständigen in ihren Gemeinden jeweils direkt aufzusuchen. Dies fördert die Wertschätzung ihrer Arbeit seitens der regionalen Behörden und schafft Vertrauen und regionale Kompetenzen in der weiteren Zusammenarbeit. Dies gilt gerade auch für andere Themenbereiche, da so oftmals auch noch andere Aspekte vor Ort angesprochen werden können. Weiter sind die hierfür Zuständigen dann auch vermehrt bereit, im Gegenzug bei regional initiierten Vorhaben von ihrer Seite her konstruktiv mitzuwirken, weil gegenseitige Wertschätzung die Bereitschaft einer Zusammenarbeit zunehmend steigert. Als Folge ergeben sich oftmals qualitativ bessere Lösungen in kürzeren Bearbeitungszeiten für alle Beteiligten. Das Arbeiten auf diese Weise macht einfach viel mehr Freude und geht leichter vor sich.

 

1 https://www.gemeinden.dij.be.ch/de/start/gemeindereformen/organisation-und-zusammenarbeit/regionalkonferenzen.html

2 https://www.oberaargau.ch/über-uns/organisation/

3 https://www.oberaargau.ch/über-uns/geschäftsstelle/

4 https://www.oberaargau.ch/helpcenter/kommunale-entwicklungsplanung/

5 https://www.thunstetten.ch/aktuellesinformationen/2111665

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