Die «SonntagsZeitung» schrieb über Andreas Tröndle: «Er füllt Säle und Kirchen, bringt die Traurigen zum Lachen, stimmt die Hadernden versöhnlich.» Tröndle (58) erklärt auf YouTube, wie Tanzen ein Ausdruck von Lebensenergie ist und heilsame Wirkung entfaltet: Im Studium hatte er die Erzählungen von Jesus rational mit bibel-exegetischen Methoden untersucht. Nun verstand er mit dem körperlichen Erforschen seiner Gefühlswelt plötzlich die Leiden, Ängste und Freuden von Jesus auf völlig neue Weise. «Damit bekam auch sein Tod am Kreuz eine ganz neue Bedeutung für mich. Plötzlich verstand ich die Gefühle von Jesus am Kreuz.» Durch das freie Tanzen bekam die christliche Tradition des Betens für ihn eine körperliche und sinnliche Dimension, die er sonst nirgends in den Kirchen vorfand. Und es veränderte ihn: «Früher war ich sehr schüchtern. Jetzt nicht mehr.»
Theologe und Jugendseelsorger
Der Vater von Andreas Tröndle ist Schreiner und zimmert Kirchenbänke. Die Mutter ist tiefgläubig und betet mehrmals am Tag. Ihre sieben Kinder erzieht sie in Waldshut (D) nahe der Schweizer Grenze sehr religiös. Der grösste Wunsch der Mutter: Einer der Söhne soll Priester werden. Andreas setzt sich am meisten damit auseinander: «Ich war als Kind verträumt; das Religiöse, Spirituelle hat mich schon immer fasziniert. Das kriegt man in die Wiege gelegt», sagt er dem «Blick».
Andreas Tröndle studiert Theologie an der Universität Freiburg im Breisgau. 1994 wird er Jugendseelsorger im aargauischen Fricktal. Tröndle ist katholisch, bezeichnet sich aber als progressiv und liberal. Er gestaltet den Glauben freier. Er zeigt den Jungen die verschiedenen Facetten von Religion. Damit hat er bei den Katholiken keinen leichten Stand. Auch weil er kein geweihter Priester ist, schreibt der «Blick» weiter. In Armut leben, zölibatär und gehorsam gegenüber dem Bischof – das passt ihm nicht. Nach fünfeinhalb Jahren hört er auf.
Durch Tanz gelernt, sich selbst zu lieben
Er entdeckt das freie Tanzen. Konkret die fünf Rhythmen, eine Bewegungsmeditationspraxis. Sie hat Bezüge zur mystischen, christlichen und östlichen Philosophie. «The fastest way to still your mind, is to move your body», sagt die Erfinderin der fünf Rhythmen, die New Yorker Tänzerin Gabrielle Roth: Der schnellste Weg für Ruhe in deinem Kopf, ist deinen Körper zu bewegen.
Andreas Tröndle hatte das Gefühl, durch diese Art des Tanzens ein Paradies zu entdecken, an dem er in seinem Leistungswahn immer vorbeigerannt war. Er erlebt darin viel Befreiendes. Und so wird der Seelsorger Tanzlehrer. Den Kern seiner Arbeit umschreibt er mit «Tanz dich ganz». Der Mensch habe eine grosse Sehnsucht, sich selber in etwas Grösserem aufzulösen: «Im freien Tanzen machen viele Menschen diese Erfahrung», sagt er. «Das Bedürfnis nach Spiritualität ist riesig.» Er verbindet das Tanzen mit seinem spirituellen Hintergrund. Er bezeichnet Tanzen als wildes Beten und spricht auch oft von Gott. Er sei halt Theologe, sagt Tröndle.
Seit einigen Jahren integriert er das Tanzen in freier Natur oder im Wald, wie er in einem anderen YouTube-Clip zeigt: «Natur ist ständig in Veränderung. Sterben und wieder aufblühen an einem Ort.» Tanzen bietet er auch auf dem kleinen Permakulturhof «Beckihof» in Zürich-Höngg, wo er mit seiner Frau lebt.
Man kann eine Predigt auch tanzen
Andreas Tröndle glaubt, dass es vielleicht noch eine Aufgabe für ihn in der Kirche geben könnte. Als Brückenbauer. «Viele Pfarrer sind neidisch, wenn sie sehen, wie viele Leute ich mit meinem spirituellen Tanz anspreche», sagt er. Auch in der Kirche. Sein Angebot am Sonntagmorgen heisst «Sunday-Prayer-Waves». Die Idee: Man muss eine Predigt nicht herunterleiern, sondern kann sie auch tanzen: «Wir tanzen uns die Seele aus dem Leib, wir singen, lachen und feiern das Leben in all seinen Facetten. Da darf gelacht, geweint, gestampft und gejuchzt werden. Gefühle kommen und gehen. Spezielle Musik und freie Bewegungsimpulse zu jedem Thema schaffen ein starkes Energiefeld für Heilung und Freude.»
Quelle: Dienstagsmail vom 26. März 2024
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