Volkswirtschaft: Die Credit Suisse und die Gier

Die Zahlen sind unfassbar: In den letzten 13 Jahren hat die Credit Suisse kumuliert 3,2 Mrd. Franken Verlust gemacht und gleichzeitig die Verantwortlichen mit 32 Mrd. Franken Boni belohnt! Das ist so weit weg von der Lebenswirklichkeit von uns Normalbürgern, dass ich hier nicht darüber schreiben möchte. Ich werde den Fall CS deshalb aus Sicht der Kleinanleger und der Bibel analysieren und daraus Tipps für kluges Investieren für uns Normalbürger ableiten.

(Lesezeit: 11 Minuten)

Am Sonntagabend, den 19. März 2023, gibt die Finanzministerin der Schweiz, Bundesrätin Karin Keller-Sutter, bekannt, dass die UBS bereit ist, die notleidende CS zu übernehmen. Am Montagmorgen werden die (sozialen) Medien überflutet mit der Wut der Kleinanleger, die durch diese Übernahme Geld verloren haben.

 

(Bild von Mediamodifier auf Pixabay)

Die Wut der Kleinanleger

20 Minuten» zitiert zum Beispiel Stefan B. aus Basel (mir sind Name und Person bekannt): «Ich dachte, es sei ein guter Zeitpunkt einzusteigen, als die Aktie bei drei Franken lag.» In der Hoffnung, dass der Kurs bald steigen würde, habe er mit jedem Kursrutsch mehr Aktien nachgekauft: «Nun ist das Unvorstellbare eingetreten. Ich habe 20’000 Franken verloren. Ich bin frustriert und wütend und fühle mich hilflos.» Er müsse nun von vorne mit dem Sparen beginnen. Für den 31-Jährigen ist klar: «Der Verlierer in dieser Krise ist der normale Bürger1

Andere «normale Bürger» erzählten von sogar sechsstelligen Verlusten, verlorenen Renten, Existenzängsten. So viel hart verdientes Geld zu verlieren, ist schmerzhaft.  Wir «normalen Bürger» müssen viel wertvolle Lebenszeit für das Geldverdienen im Schweisse unseres Angesichts einsetzen2, um nach dem Bezahlen aller Rechnungen überhaupt noch etwas sparen oder investieren zu können. Ich verstehe die Wut und Frustrationen.

 

Das unverständliche Investitionsverhalten der «normalen Bürger»

Hingegen verstehe ich gar nicht, warum «normale Bürger» bis ins Jahr 2023 ihr schwer verdientes Geld in CS-Aktien investiert haben. Wenn Geld das Ergebnis unserer Lebenszeit und -energie ist, dann sollten wir es doch dort investieren, wo uns etwas am Herzen liegt3, wo wir etwas Positives bewirken und Freu(n)de gewinnen können4. Übertragen auf Aktien-Investitionen heisst das, nur Aktien von Unternehmen zu kaufen, die erfolgreich sind, wert- und sinnvolle Leistungen anbieten, nachhaltig handeln, zufriedene Mitarbeitende haben und die Welt zu einem besseren Ort machen.

So ein Unternehmen war die CS schon lange nicht mehr. Ihre jüngere Geschichte war geprägt von Skandalen, Milliardenpleiten, Gesetzesverstössen und unethischem Verhalten. Das konnte auch der «normale Bürger» aufgrund der ausführlichen Medienberichterstattung wissen. Zudem hätte die Prüfung5 von schon nur ganz wenigen Fakten gezeigt, dass man keine CS-Aktien kaufen sollte. Ich nenne drei davon:

1. Aktienkurs: Die CS hatte den letzten grossen Bankenskandal im Jahr 2008 (damals musste übrigens die andere Schweizer Grossbank USB durch staatliche Intervention gerettet werden!) einigermassen schadlos überstanden. Der Aktienkurs stieg im Herbst 2009 wieder über 50 Franken. 13 Jahre später war der Kurs bis auf das Tiefst von 3.52 Franken gefallen.  

2. Kundenverhalten: Wie wenig vertrauenswürdig die CS inzwischen war, hatte sich auch am Kundenverhalten gezeigt. CS-Kunden hatten im Geschäftsjahr 2022 rund 138 Mrd. (ein Drittel) der Kundeneinlagen und rund 300 Mrd. (ein Fünftel) der verwalteten Vermögen von der CS abgezogen. Auch das war bekannt.

3. Kreditausfallversicherungen: An den Kapitalmärkten kann man sich gegen das Risiko, dass eine Unternehmung seine Schulden nicht mehr zahlen kann, absichern. Die Preisentwicklung dieser Finanzinstrumente (CDS = Credit Default Swaps) hatte seit Mitte 2022 sehr deutlich gezeigt, wie ausserordentlich hoch das Risiko einer Investition in CS-Aktien aus Sicht der Profis war6.

 

Dumm und gierig

Wieso haben «normale Bürger» ihr schwer verdientes Geld in CS-Aktien investiert, wenn dies doch offensichtlich keine gute Investition war? Warum geben sie die Schuld für ihre Verluste der CS, der UBS, dem Bundesrat, der Nationalbank und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht7?

Die Verantwortung für Investitionsentscheidungen liegt beim Investor. Niemand hat die «normalen Bürger» gezwungen, in CS-Aktien zu investieren oder gar bei fallenden Kursen noch mehr zu kaufen. Ich verstehe, dass es schmerzlich ist, eine Dummheit einzugestehen. Das braucht Demut. Kein Verständnis habe ich für den Hochmut, in den Medien aufzutreten und anderen für die eigene Dummheit die Schuld zu geben8. Leider ist das heute weit verbreitet und unwidersprochen. Darum weise ich deutlich darauf hin, nicht dass man meint, sie hätten mit ihren Schuldzuweisungen Recht9.

«Gier frisst Hirn» sagt ein deutsches Sprichwort und gibt damit eine tieferliegende Erklärung für dummes Investitionsverhalten. Die modernen Forschungsergebnisse im Bereich «Behavioural Finance»10 belegen, dass Gefühle Investitionsentscheidungen sehr stark beeinflussen. Private Investoren haben die Tendenz, sich stark zu überschätzen. Sie meinen, besonders klug zu sein, dabei sind sie getrieben von Gier und Angst. Die Gier zeigt sich in der Hoffnung auf schnelle, grosse Gewinne11. Die Angst führt zu einem Verdrängen der Fakten. Gier und Angst motivierten zum Beispiel zum Kauf von noch mehr CS-Aktien – trotz fallender Kurse und entstandenen Buchverlusten.

Gier macht immer unglücklich. Sie paart sich mit Neid und zerfrisst die Lebensfreude eines Menschen – und zwar unabhängig von seinem tatsächlichen Wohlstand. Gier und Neid sind Merkmale der sündigen menschlichen Natur12. Darum warnt die Bibel deutlich vor der Gier13 und dem Neid14.

 

Schutz vor Dummheit und Gier

Zum Schluss deshalb noch drei praktische Hinweise gegen das Risiko, durch dumme und gierige Investitionen unglücklich zu werden15:

1. Prüfen Sie Ihre Motive. Wenn Sie einfach, schnell und ohne Arbeit Geld verdienen wollen, dann lassen Sie es lieber bleiben.

2. Definieren Sie die Investitionssumme. Legen Sie genau fest, wie viel Geld Sie einsetzen und gegebenenfalls auch verlieren können.

3. Überlegen Sie sich, wo Sie ihr Herz haben wollen. Investieren Sie dort, wo sich Ihr Herz wohl fühlt? Suchen Sie sich Anlagemöglichkeiten, die Ihnen Freude bereiten. Investieren Sie, wo Sie einen Anteil daran haben wollen, wo etwas durch Ihren Beitrag in Form von Geld, Kopf und Herz entstehen und wachsen kann.

 

1 https://www.20min.ch/story/ich-habe-20000-fr-verloren-und-muss-mit-dem-sparen-von-vorne-anfangen-297847013507

2 «Und zu Adam sprach er: Weil du auf die Stimme deiner Frau gehört und gegessen hast von dem Baum, von dem ich dir geboten und gesprochen habe: Du sollst nicht davon essen! – so sei der Erdboden verflucht um deinetwillen: Mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens; und Dornen und Disteln wird er dir sprossen lassen, und du wirst das Kraut des Feldes essen. Im Schweiss deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zur Erde, denn von ihr bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren!» (1. Mose 3,17–19)

3 «Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo Motte und Rost zerstören und wo Diebe einbrechen und stehlen; sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost zerstören und wo Diebe nicht einbrechen und nicht stehlen; denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.» (Matthäus 6,19–21)

4 «Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, man euch aufnehme in die ewigen Hütten.» (Lukas 16,9)

5 «(...) prüft aber alles, das Gute haltet fest. Von jeder Art des Bösen haltet euch fern.» (1. Thessalonicher 5,21–22)

6 https://schweizermonat.ch/spaetes-erwachen-kreiert-monsterbank/

7 Diese Akteure haben sich teilweise ebenfalls sehr fragwürdig verhalten. Deren Verhalten und die Bedeutung der Banken in der Schweiz zu beleuchten ist auch wichtig, sprengt aber den Umfang dieses Artikels.

8 «Hochmut kommt vor dem Fall und Stolz vor dem Sturz. Besser bescheiden bei Armen zu sein, als mit Überheblichen den Gewinn zu teilen.» (Sprüche 16,18–19)

9 «Gib dem Dummkopf eine Antwort, die seine Dummheit verdient, sonst hält er sich für klug.» Sprüche 26,5

10 Ein wirtschaftswissenschaftliches Teilgebiet der sogenannten Verhaltensökonomik, die sich mit dem menschlichen Verhalten in wirtschaftlichen Situationen befasst.

11 «Hastig errafftes Gut zerrinnt; wer aber ruhig sammelt, bekommt immer mehr.» (Sprüche 13,11)

12 «Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen, kommen die bösen Gedanken und mit ihnen alle Arten von sexueller Unmoral, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier und Bosheit. Dazu Betrug, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Überheblichkeit und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen heraus und macht den Menschen vor Gott unrein.» (Markus 7,21–23)

13 «Denn die Geldgier ist eine Wurzel alles Bösen; etliche, die sich ihr hingegeben haben, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich selbst viel Schmerzen verursacht.» (1. Timotheus 6,10)

14 «Du sollst nicht begehren das Haus deines Nächsten; du sollst nicht begehren die Frau deines Nächsten noch seinen Knecht, noch seine Magd, noch sein Rind, noch seinen Esel, noch alles, was dein Nächster hat.» (2. Mose 20,17)

15 Die Tipps stammen aus meinem Buch «Anstössiges zu Geld & Glück, Anregungen von A – Z für einen glücklich machenden Umgang mit Geld.» Das Buch ist vergriffen, kann aber als E-Book beim Autor mit einem 30% Rabatt für CHF 12.00 bestellt werden (bitte bei der Bestellung unten auf dieser Seite das «Forum Integriertes Christsein» erwähnen): https://giudici-consulting.ch/dienstleistungen.html

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