Musik: Wie «holy» ist der Blues?

Ein Autor, der zugleich erfahrener und anerkannter Musiker ist, macht sich an die Arbeit, die Wurzeln der aktuellen Musik zu erforschen. Er stösst dabei auf die verblüffende Formel: «Unsere heutige Musik würde ohne Gott, Glauben und Religion schlicht nicht existieren. Noch verwegener: Jesus prägte nicht nur unsere westliche Geschichte, sondern ihm verdanken wir zumindest indirekt unsere heiss geliebte angloamerikanische Rootsmusik.» Das macht hellhörig.

(Lesezeit: 6 Minuten)

Im Herbst 2021 hat der Blues Musiker Richard Köchli ein 150-seitiges Buch mit CD unter dem Titel «Holy Blues» veröffentlicht1. Darin zeichnet er die 400-jährige Geschichte des Blues nach und zeigt auf, dass alle Inspiration letztlich aus dem Gospel, der innigen Beziehung zu Gott, genauer zu Jesus Christus kommt. Er tut das mit profundem Wissen und immer einer Prise Humor. Die CD enthält alte Hymnen wie «Blessed be the name of the Lord», «Down in the valley to pray» und – oh Überraschung – den «Schacher Sepp». 

Buch-Cover (Bild: zvg)

Grosse Beachtung

Die Schweizer Medien haben dieses Werk interessiert aufgenommen, ja das Album landete sogar auf Platz 9 der CH-Album-Charts! Auch international erhielt die Produktion Beachtung: Im Dezember den «Akademia Music Award» in Kalifornien für den besten Gospel Song und das beste Gospel Video für den Titel «Feel like going home2». Die Zeitschriften «Gitarre & Bass», «Akkustik Gitarre» und die belgische «Rootstime» berichteten ausführlich darüber.

Für Richard Köchli wurde dieses Buch zu einem persönlichen Highlight. Sein eigener Glaube findet zu den Wurzeln – und das erst noch dank der Musik. Er schreibt: «Mit diesem Buch und Musikalbum möchte ich etwas zurückgeben, denn ohne Jesus wäre meine Reise als Mensch wie als Musiker zu einer Irr- und Talfahrt geworden.»

Der talentierte Musiker arbeitet seit 32 Jahren als erfolgreicher Gitarrist, Singer-Songwriter und Buchautor3. In «Holy Blues» vermittelt der preisgekrönte Luzerner4 einen präzisen Blick auf die Geschichte der Gospelmusik und zeigt dabei auf faszinierende Weise, wie entscheidend der christliche Glaube während Jahrhunderten die verschiedensten Musikstile geprägt hat und sie bis heute beseelt.

 

Geburtsstunde von Spiritual und Gospel

So berichtet er vom Aufeinandertreffen der Hymnen von Isaak Watts (1674 – 1748) wie «Joy to the World», «When I survey the Wondrous Cross», «This is the Day the Lord has made» auf die afroamerikanischen Sklaven mit ihrer Musiktradition. Diese waren vom gut verständlichen Text gepackt und versahen diese mit ihren Melodien: die Geburtsstunde der Spirituals.

Köchli «bebildert» seine Zeitreise mit spannenden Geschichten und Kurzbios einzelner Protagonisten. Zu den erwähnten Künstlern gibt es viele Verweise auf YouTube Filme und Berichte. Nutzt man all diese Quellen, verdichtet sich das gezeichnete Bild immer mehr. Politische Ereignisse, die Entstehung der Pfingstbewegung5, all das hat die Gospel- und Bluesmusik wesentlich geprägt und mehr beeinflusst als uns heute bewusst ist.

Nach langem Ringen um die Eigenständigkeit farbiger Musiker konnten schliesslich Stars wie Mahalia Jackson dieses Liedgut auf den Weltbühnen präsentieren. All dies hat letztlich auch das Fundament für die zeitgenössische christliche Musik6 gelegt, mit deren Exponenten ich während Jahren arbeiten durfte.

 

Rettende Musik

Berührend und packend zugleich sind die Erlebnisse der vielen Musiker, die der Autor zu Wort kommen lässt. So schliesst er sein Buch mit einem Bericht von Doc Watson (1923 – 2012), der über sein Album «On Praying Ground» berichtet: «Wir sind aus einem bestimmten Grund hier, und Gott gibt uns die Chance, den guten Weg zu wählen. Er weiss, wann wir diesen Wandel vollziehen und ob wir ihn ignorieren und uns von ihm abwenden werden. Ich habe nicht verdient, was er für mich getan hat. Obwohl ich ihn verletzt habe, hat er mich aus den Fängen des Todes gerettet. Und das hat er schon für Millionen getan. Jede Predigt sollte mit einem Altarruf enden, in dem die erlösende Liebe Jesu Christi ausführlich erklärt wird. Man kann die Menschen nicht ins Reich Gottes scheuchen, das wäre Fanatismus. Mein Vater sagte früher jeweils zu mir: 'Verängstigte Religion ist keinen Pfifferling wert.'»

 

Auszeichnung

Übrigens: Richard Köchli erhält den diesjährigen PRIXPLUS von ARTS+, dem Verein und Kompetenzzentrum in Sachen Kunst & Kultur der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA). Die Preisverleihung findet am Freitag, den 18. November ab 18.30 Uhr im Seesicht-Theater in Wädenswil statt7 und ist öffentlich.

 

1 https://www.richardkoechli.ch/de/musik/holy-blues-richard-koechli-2021

2 https://youtu.be/WCL8Q28B1z0

3 https://www.richardkoechli.ch/index.php/de/

4 Swiss Blues Award, Schweizer Filmmusikpreis für «Der Goalie bin ig», Deutscher Musikeditionspreis

5 Azusa Street Revival

6 Contemporary Christian Music (CCM)

7 https://artsplus.ch/event/18119/

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Kommentare

Peter A. Kruesi schreibt
am 5. Oktober 2022
Interessante Buchbesprechung!
Nicht nur haben christliche Choräle den Blues geprägt, sondern Choräle sind auch heute noch interessante Musik Themen für Jazzbands aller möglichen Prägung.
Nehmen wir nur mal das Lied «Amazing Grace», das zum Schlager geworden ist, oder «Just a Closer Walk With Thee». Da habe ich gleich drei verschiedene Beispiele gefunden:
Traditionell mit Alabama (vocal)
https://www.youtube.com/watch?v=iPmJemdLGf8
Die Schwedische Musikerin Gunhild Carling (Posaune)
https://youtu.be/2_3ABh6_fFY
Und das Ehepaar Stephanie Trick & Paolo Alderighi (Piano)
https://youtu.be/fm02YiimTmA