Musik: Arno und Andreas zum Letzten

Am 4. September 2021 – 30 Jahre nach dem Ende ihrer aktiven Konzerttätigkeit – haben Arno Backhaus und Andreas Malessa zusammen mit einer überaus spielfreudigen und groovigen 4-Generationen Band im Kölner Maarweg Studio ein Konzert gegeben. Dieses wurde über YouTube gezeigt und bleibt bis Weihnachten im Netz (1). Dieses allerletzte Konzert gibt Gelegenheit, über A&A und die christliche Musikszene nachzudenken.

(Lesezeit: 6 Minuten)

Die beiden Singer/Songwriter haben zwischen 1971 und 1991 rund 1400 Konzerte mit einer durchschnittlichen Besucherzahl von 500 Menschen gegeben und wurden schnell die bekannteste deutschsprachige Formation der damals entstehenden christlichen Musikszene. Zwischen 1973 und 1985 haben sie 5 LPs veröffentlicht. Dem Künstlerduo Arno & Andreas ist sogar ein eigener Wikipedia Eintrag gewidmet2.

Arno (links) und Andreas heute (Bild: zvg)

Mehr als ein Revival-Konzert

Ist dieses Revival-Konzert nach 30 Jahren ein Gag? Einfach weil es heute «cool» ist, alte Stars wieder aus der Versenkung zu holen? Pure Nostalgie? Dass etwas mehr dahinter steckt, merkt man beim erneuten Anhören dieser alten Lieder. Andreas schreibt dazu: «Beim Wiederentdecken der alten Songs hat uns die Aktualität der Texte selber überrascht. Es ist Retro-Relevanz. Kulturell, politisch, geistlich. Wir bereuen keine Zeile.» Diese Äusserung zeigt gut, dass starke Texte zeitlos bleiben.

Das wird zum Beispiel beim Song vom «Thunfisch» deutlich. Dieser «Öko-Song» wurde 1980 auf «Die Platte» veröffentlicht. Wohl einer der einzigen Songs, die sich schon damals diesem Thema angenommen haben. Lange bevor Greta Thunberg geboren wurde, sangen A&A: «O, ich ess' so gerne Thunfisch, aber neulich sagte jemand, da sei Silber drin aus Japans Elektronik-Industrie. Mmm, wie gerne ess' ich Thunfisch, doch die Heimat dieses Tieres sind atomverseuchte Meere und die Strahlung bringt den Tod.» Prophetisch?

 

Sinnstiftende Texte, moderne Musikstile

In den 80er Jahren konnte ich das Musikerduo mehrfach für Konzerttouren in die Schweiz einladen. Im Unterwegssein mit ihnen hat mich ihr authentischer Bezug zu Glauben und Leben fasziniert. Der Humor von Arno, seine unkonventionellen Aktionen und die tiefgründigen Texte von Andreas trafen den Nerv der damals grösser werdenden jungen Szene von Christen, die nach modernen Musikstilen und sinnstiftenden Texten Ausschau hielten. A&A Konzerte waren Feste. Lachen, Nachdenken und Weinen kamen dabei nie zu kurz. In dieser Zeit drückte Dieter Falk die Keyboards für A&A. 

Die Begegnungen mit diesen Künstlern bildeten das Fundament von Freundschaften, die bis heute anhalten. Dieter Falk etwa wurde später Produzent unserer dritten MARCHSTEI Mundart-Scheibe mit dem Titel «Grossi Wort»….

Andreas gelang es zudem immer wieder, englischsprachige Songs hervorragend ins Deutsche zu übertragen, etwa den «Gammler», ein Lied das ich von Konzerten mit Jesus-Rock-Pionier Larry Norman her kannte.

 

Weder Arno noch Andreas

Zurück zum allerletzten Konzert vom 4. September 2021. Eindrücklich für mich sind u.a. auch die persönlichen Berichte von Arno & Andreas, wenn sie erzählen, was sie in den letzten 30 Jahren alles gemacht haben. Während Arno christliche Gemeinden gründete, seinen «Bauchladen» aufbaute, an einer werteorientierten Dorfentwicklung mitarbeitete, Seminare hielt und Bücher schrieb, machte sich Andreas einen Namen als Journalist, Referent, Filmemacher und Autor.

Das Schluss-Statement von Andreas Malessa, das er 1991 der Zeitschrift PUNKT zum Ende der damaligen Konzert-Tätigkeit gab, ist für beide heute gleichermassen gültig: «Dass Jesus Christus auch die routiniertesten 'Arno & Andreas' Konzerte mit geistlicher Frucht, mit seelsorgerlichen Gesprächen, mit Bekehrungen segnete – das freut uns, beschämt uns, macht uns dankbar und glücklich. Aber es soll uns nicht verleiten, jahrzehntelang dasselbe zu tun! Auch wenn das für viele Veranstalter das Einfachste und für mache Fans das Schönste wäre. Nein, wir machen Ernst mit dem Titel unserer LP von 1978: 'Weder Arno noch Andreas, sondern der, von dem die beiden singen!'».

(Bild: zvg)

Der amerikanische Pastor Ray Stedman definierte die Stationen einer Bewegung folgendermassen: Sie beginnt mit einem Mann, einer Frau – oder in diesem Fall einem Duo, wächst zu einer Bewegung an, die sich im Laufe der Zeit in eine Maschine verwandelt, um schliesslich in einem Monument zu enden. 

Die Konzertkarriere an der Schnittstelle zwischen Bewegung und Maschine zu beenden, hat die Erinnerung an A&A lebendig und relevant gehalten. Und dies bis mitten in die heutige Welt hinein. Den beiden Musikern gehört der Dank aller, die von ihnen gelernt haben! 

1 Link zum Konzert vom 4. September 21 auf YouTube: https://youtu.be/6A9zP4O1jCw

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Arno_%26_Andreas

Hinweis: Das Internetportal «Livenet» hat mit den beiden kürzlich einen Zoom-Talk produziert: https://www.livenet.ch/video/inspiration/livestream/395598-livenettalk_50_jahre_musikgeschichte_mit_arno_und_andreas.html

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